Olympische Spiele der Neuzeit |
Los Angeles 1932
In ihrem gewaltigen Aufbau kristallisierte sich die Macht eines neuen Erdteils, Amerika, in überwältigendem Maße. Das Streben dieses Volkes nach den gigantischen Linien des Lebens fand in Größe und Inhalt eine volle Bestätigung. Die leichte Trübung in dem Worte Rekord wurde hinweggebrannt von der Sonne eines Sieges, der kühn nach den Sternen menschlichen Willens und Könnens griff. Eine beispiellose Summe phänomenaler Lebenskraft sprudelte aus einem unerschöpflichen Born eines starken Volkes.
Neue und tiefe Züge der olympischen Idee leuchteten glanzvoll auf. Das hohe Lied der Kameradschaft der Jugend klang über Aschen- und Schwimmbahn hinaus in die gewöhnlichen Bezirke des Lebens. Die Gründung des Olympischen Dorfes als der sinnbildlich gewordenen Einheit der kommenden Generation war wegweisend.
Deutlicher begann sich auf dem Hintergrunde der sportlichen Ereignisse eine weitere Entwicklung abzuzeichnen: die Sportwerdung der Nationen. Der Sieg des einzelnen versank in dem Erlebnis seines Volkes. Die höchsten Ehrungen der Persönlichkeiten traten zurück gegen den Baustein, den der Sieger für den Triumph seiner Nation geformt hatte. Unvorstellbare Leistungen entstanden und ließen die Menschenmassen in heiligen Schauern der Ehrfurcht erbeben. Mehr als 10000 Kilometer drang diese Welle der Erschütterung nach Europa. Wieder und wieder spottete das Geschehen aller Voraussicht und fast unlösbar schien die Gesamtheit der Wettkämpfe als feste Einheit mit der Erinnerung. Die Erinnerung streifte im Fluge über die Felsenspitzen dieser Tage dahin und fand keinen Grat, der als höchste Krone unbestritten gelten konnte. Zu mannigfach waren die Äußerungen des übermenschlichen, echt olympischen Geistes, die über die Schranken jeder Vorstellung hinweggedrungen waren. Ein einziger Griff in die Geschehnisse quillte über von der Fülle der hervorragenden Leistungen. Bildete die jugendliche Keckheit der japanischen Schwimmerbuben M a k i n o und K i t a m u r a, die mit Kinderhänden Weltmeister besiegten, den absoluten Höhepunkt oder war es jener gigantische Zweikampf im Stabhochsprung, den der Amerikaner M i l l e r und der Japaner N i s h i d a bis in den Zentimeter auskämpften.
Wuchs je ein Athlet mehr über sich selbst hinaus als der stolze Brite H a m p s o n, der nach seinem Weltrekord über 800m mit fast überirdischer Gelockertheit ins Ziel glitt oder war der spielende Schwebeschritt eines C a r r der gestaltete Traum menschlicher Schnelligkeit. Unbezwinglich scheinbar wie die Achttausender der Spitzen des Himalayagebirges waren die Marken der olympischen Rekorde heraufgeschraubt worden. Doch Jahre später waren diese Rekorde nur noch Makulatur, denn die Entwicklung in den einzelnen Sportarten ging rasend voran.
Die Olympischen Spiele 1932 in Los Angeles wurden vom Vize-Präsidenten der USA Charles Curtis offiziell eröffnet. In 116 Wettbewerben (16 Sportarten, 9 Kunstwettbewerbe) wurden olympische Medaillen vergeben, um die 1408 Sportler, darunter 127 Damen, aus 37 Ländern kämpften. Der olympische Eid wurde vom amerikanischen Fechter George Calnan gesprochen.