Olympische Spiele der Neuzeit

 

Montreal 1976

Einem Mann allein hatten die Bürger von Montreal diese Olympischen Spiele zu verdanken: Bürgermeister Jean Drapeau. Er wollte das Spektakel als Höhepunkt seiner Karriere als Kommunalpolitiker. Aber es war ein "Bärendienst", den er seinen Untertanen erwies. Noch weit über das Jahr 2000 hinaus müssen die Einwohner von Montreal an den Schulden für zwei Wochen Olympia abbezahlen. 310 Millionen Dollar sollten die Spiele ursprünglich kosten. Aber eine Serie von Planungsfehlern, Streiks, Arbeitsniederlegungen auf Zeit und eine ungeheure Welle von Korruption schraubten die Endabrechnung auf 1400 Millionen Dollar. Noch ein halbes Jahr vor Beginn sah es so aus, als würden nicht einmal die Hauptsportstätten fertig.

Als die britische Königin Elizabeth II. die Spiele zweisprachig (englisch und französisch) eröffnete, war aber alles Notwendige fertig. Der 160m hohe Turm im Olympiastadion, der das Dach halten sollte, hatte schließlich für die Wettkämpfe keine Bedeutung. Dieser Turm wurde nie fertiggestellt!

Zwei Dinge wogen bei diesen Olympischen Spielen sehr schwer: zum einen die politischen Einflüsse, zum anderen die Medizin als "Komplizin des Hochleistungssports." Es begann mit der schroffen Haltung der kanadischen Regierung gegenüber Taiwan. Machtlos musste das Internationale Olympische Komitee auch zusehen, wie 29 schwarz-afrikanische Staaten Olympia den Rücken kehrte. Sie hatten den Ausschluss Neuseelands gefordert, weil eine Rugby-Mannschaft von Neuseeland zuvor in Südafrika gespielt hatte. Damit hatten sie freilich zu hoch gepokert, denn ein zweites Mal nach 1972 ließ sich das IOC nicht erpressen. Neuseeland durfte mitmachen, die schwarz-afrikanischen Staaten blieben geschlossen fern.

Die Frage, ob die Spiele noch eine Zukunft haben, wurde seinerzeit mehrfach gestellt. IOC-Mitglied Willi Daume beantwortete diese Frage mit "ja", allerdings war man schon dabei, neue Formen zu suchen. Vom griechischen Ministerpräsidenten Karamanlis kam der Vorschlag, die Spiele nach Moskau 1980 nur noch in Athen stattfinden zu lassen. Für die Zukunft drohte jedoch weiteres Unheil, nämlich es galt damals bereits, dem unheilvollen Einfluss der Medizin Einhalt zu gebieten, sonst besteht die Gefahr, dass die Spiele in Zukunft nur noch durch Verabreichung von Hormonen, Spritzen, Anabolika und Blutaustausch zu Spielen der "künstlichen Athleten" werden. Ein Problem, das bis in die heutige Zeit noch nicht gelöst wurde.

Insgesamt nahmen an den Spielen von Montreal 6028 Sportler, darunter 1247 Sportlerinnen, aus 92 verschiedenen Ländern teil. Medaillen wurden in 198 Wettbewerben, verteilt auf 23 Sportarten, vergeben. Der olympische Eid wurde für die Athleten vom kanadischen Gewichtheber Pierre St. Jean, für die Kampfrichter von Maurice Fauguet (Kanada/Wettkampfrichter in der Leichtathletik) gesprochen. Letzte Fackelläufer waren die kanadischen Leichtathleten Sandra Henderson und Stephane Prefontaine, die später übrigens heirateten und zum Traumpaar der Fackelläufe wurden.

Der Star von München, Olga Korbut, war wieder mit am Start. Aber die kleine Russin stand dieses Mal eindeutig im Schatten einer neuen Königin der Spiele. Wieder einer Turnerin: Nadia Comaneci, 14 Jahre jung, Rumänin. Am Ende der olympischen Turnwettkämpfe hatte das kleine Persönchen von den Kampfrichtern sieben Mal die Traumnote 10,0 bekommen, die vorher noch nie in der Geschichte des Turnens gezogen worden war, weder bei den Damen noch bei den Herren. Sie hatte drei goldene, eine silberne und eine bronzene gewonnen und 18.000 Zuschauer begeistert. Der Turn-Zwölfkampfsieger Nikolai Andrianow gewann mit vier Mal Gold, zwei Mal Silber und ein Mal Bronze die meisten Medaillen aller Teilnehmer von Montreal. Gleich nach ihm folgten in der Medaillenskala zwei Schwimmer mit je vier goldenen und einer silbernen Auszeichnung: Kornelia Ender aus der DDR und John Naber aus den USA.

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