Olympische Spiele der Neuzeit |
Atlanta 1996
Als der Zuschlag für die Olympischen Spiele 1996 von den IOC-Mitgliedern am 18. September 1990 vergeben wurde, zweifelte eigentlich niemand daran, dass Athen zum 3. Male den Zuschlag bekommen würde. Was lag auch näher, zumal Athen vor genau 100 Jahren Ausrichter der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit war. Doch meistens kommt es anders als man denkt. Heutzutage zählen keine historischen, sondern lediglich noch monetäre Argumente. Vermutlich allein damit ist es zu erklären, dass nicht Athen, sondern schon wieder die USA, dieses Mal Atlanta, von den IOC-Mitgliedern als idealer Olympiastandort ausgeguckt wurde. Wie sich Jahre später herausstellen sollte, waren zumindest einige der stimmberechtigten IOC-Mitglieder nicht abgeneigt, ihre wertvollen Stimmen "meistbietend" zu verkaufen.
Die Griechen drohten zeitweilig sogar damit, das olympische Feuer, das traditionsgemäß im Hain von Olympia entzündet wird, nicht an Atlanta herauszugeben, letztendlich haben sie es im Sinne des "Fair Plays" doch getan und die Amerikaner veranstalteten damit den größten Fackellauf in der Geschichte der Spiele. Er dauerte 84 Tage über eine Länge von 24.000 Kilometer, gesponsort von Coca-Cola.
Durch den Zuschlag der Spiele an Amerika war klar, dass der Kommerz wieder alles diktieren würde. Der Kampf um jeden Dollar hat man dann den Spielen auch angesehen. Zahlreiche Sportstätten wurden erst wenige Wochen, bevor der Startschuss fiel, fertig. Während in Barcelona großen Wert auf eine moderne Architektur gelegt wurde, war in Atlanta Sparsamkeit der wichtigste Baumeister. Alle Anlagen, für die es nach den Spielen keine Nutzungsmöglichkeit mehr gab, wurden lediglich temporär errichtet und danach wieder abgerissen (z.B. das Velodrom). Viele wichtige Sportstätten standen bereitsseit Jahren wie der Georgia-Dome, so dass auch hierfür keine zusätzlichen Kosten anfielen. Die Gesamtausgaben beliefen sich demnach auch nur auf verhältnismäßig geringen 515 Millionen Dollar.
Für die meisten Adressen bot Atlanta ein Olympia der kurzen Wege: gemeinsam mit dem 194.000 Dollar teuren Olympischen Dorf, dem Hauptpresse- und dem Fernsehzentrum waren 15 Sportarten zentral innerhalb des Olympischen Rings mit einem Durchmesser von 5 Kilometern untergebracht. Alle anderen Ziele erforderten längere Reiserouten. Die Segler z.B. hatten ca. 400 km entfernt in Savannah ihr eigenes Olympisches Dorf, weil dort die Segelwettbewerbe stattfanden. Auch wenn man eine Olympiade der kurzen Wege erreichen wollte, so waren die Wege auf Grund großer Verkehrs- und Transportproblemen manchmal ziemlich weit. Das wichtigste städtebauliche Erbe der Olympischen Spiele ist der kurz vorher eröffnete Olympic Parc, eine 85000 Quadratmeter große Grünanlage, die der zerklüfteten Innenstadt ein neues soziales und geographisches Herz geben soll.
Die Olympischen Spiele 1996 in Atlanta wurdem am 19. Juli vom US-Präsidenten Bill Clinton feierlich eröffnet. Das olympische Feuer wurde von dem durch die Parkinsonsche Krankheit gezeichneten Boxidol Muhammad Ali, was in der Welt einen äußerst positiven Anklang fand, eröffnet. Das olympische Programm wurde weiter aufgebläht, so kam beispielsweise das weibliche Pendant zur Sportart Baseball, nämlich Softball, hinzu. Nun wurden 271 Wettbewerbe, verteilt auf 32 Sportarten, durchgeführt. Zum ersten Mal waren auch mehr als 10000 Sportler am Start, die exakte Anzahl belief sich auf 10631 Sportler aus 197 Ländern. Den olympischen Eid sprach die amerikanische Basketballerin Teresa Edwards, die seit 1984 ununterbrochen an den Spielen teilgenommen hatte. Für die Kampfrichter wurde der Eid von Hoby Billingsley (Leichtathletik) gesprochen.
Absolute Superstars brachten die Olympischen Spiele 1996 eigentlich wenige hervor. Wieder war ein amerikanisches Basketball "Dream Team" am Start, das fast ebenso deutlich wie vier Jahre zuvor dominierte und erneut Gold gewann. Bemerkenswert auch die Leistung der deutschen Kanutin Birgit Fischer, die seit 1980 mit Ausnahme des Boykottjahres 1984 am Start war und wieder eine Gold- und Silbermedaille errang. Alexander Popow aus Russland war zweimal im Schwimmen (50m Freistil, 100m Freistil) siegreich und gewann außerdem noch zwei Silbermedaillen mit den Staffeln (4x100m Freistil und Lagen). Der Türke Naim Suleymanoglu konnte seinen 3. Olympiasieg im Gewichtheben nach Seoul 1988 und Barcelona 1992 erreichen.
Erschüttert wurden die Spiele durch ein Bombenattentat im Olympic Parc, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen und 100 Personen teils schwer verletzt wurden. Die Flaggen wurden auf Halbmast gesetzt, Erinnerungen an die Olympischen Spiele 1972 in München wurden geweckt. Ein Abbruch der Spiele wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt auch nur in Betracht gezogen, der Kommerz hätte eine solche Überlegung nicht einmal ansatzweise zugelassen.