Olympische Spiele der Neuzeit (Winter)

 

Olympische Winterspiele - Grenoble 1968

Die Olympischen Winterspiele 1968 in Grenoble gingen nicht gerade als "schöne und ideale Olympische Winterspiele" in die Geschichte ein.

Es begann bereits damit, dass die Wettkampfstätten weit vom Hauptort Grenoble aus zerstreut waren: 30km zu den alpinen Skirennen nach Chamrousse, 35km zu den Langlauf-Konkurrenzen in Autrans, gar 65km zur Bobbahn nach Alpe d'Huez, 30km zur Rodelbahn in Villard de Lans, 17km zu den Skisprungschanzen nach St. Nizier.

Auch die Eröffnungsfeier riss niemanden von den Sitzen im "Stahlgerüst-Stadion". Klang die musikalische Komposition mit den grellen Dissonanzen schon unwirklich, so war der Höhepunkt aus negativer Sicht, dass die Männer, Frauen und Kinder nicht wirklich sangen, sondern den Mund nur zum Schein bewegten. Auch die aufgeblasenen Backen der Fanfarenbläser waren nur zum Schein, die Musik kam "live" vom Tonband. Wenigstens die Eröffnungsworte vom Ministerpräsidenten "Je proclame l'ouverte des Xes d'Hiver de Grenoble!" waren echt und wurden nicht vom Tonband eingespielt.

Auch die Wettkämpfe gaben Anlass zu Diskussionen. Wieder einmal stand das "Dauerthema Amateurstatus" auf der Tagesordnung. Vor allem bei den alpinen Skiwettkämpfen sowie bei den Eiskunstlaufwettbewerben war dies ein Thema. Der Franzose Jean-Claude Killy war nicht nur als glänzender Skifahrer, sondern auch als tüchtiger Geschäftsmann, der es bereits in der damaligen Zeit verstand, seine Erfolge zu "vergolden", bekannt. Dies und ähnliche Praktiken wurden vom IOC beanstandet; dies führte sogar so weit, dass über eine Herausnahme der alpinen Wettbewerbe aus dem olympischen Programm diskutiert wurde. Letztendlich wurden doch alpine Wettbewerbe durchgeführt und bei den Herren siegte in allen drei Disziplinen zur Freude der Franzosen Jean-Claude Killy. Für Deutschland endeten die alpinen Skiwettbewerbe, da medaillenlos, mit einer Riesenenttäuschung.

Die Sensation der nordischen Ski-Wettbewerbe schlechthin gelang dem Südländer Franco Nones (ITA), der in die Phalanx der nordischen Länder einbrach und Gold im 30km-Langlauf holte. Franz Keller gelang es in der Nord. Kombination, die Nachfolge von Georg Thoma anzutreten, er siegte und gewann Gold.

Wie bereits oben erwähnt, gaben auch die Eiskunstlaufwettbewerbe bezüglich des Amateurstatus Anlass zu Diskussionen. Noch während der Olympischen Spiele (allerdings nach den Wettkämpfen im Eiskunstlaufen) unterschrieben die Olympiasieger Wolfgang Schwarz (Österreich) und Peggy Fleming (USA) Profiverträge.

Der 40jährige Bobfahrer und 11fache Weltmeister Eugenio Monti aus Italien konnte endlich sowohl im Zweier- als auch im Viererbob seine ersten Olympiasiege feiern. Horst Floth und Pepi Bader aus Deutschland errangen im Zweierbob die Silbermedaille.

Einen weiteren Eklat gab es auch bei den Rodel-Wettbewerben: Zum ersten Mal starteten bei Olympischen Winterspielen die Mannschaften aus der Bundesrepublik und aus der DDR nicht mehr gemeinsam, sondern mit getrennten Teams. Bei der Damen-Konkurrenz wurden die beiden DDR-Schlitten von Anna-Maria Müller und Ortrun Enderlein nach den Rennen begutachtet und festgestellt, dass die Kufen beheizt wurden. Vier Jahre zuvor war dies noch erlaubt, doch zwischenzeitlich wurden die Regeln geändert. Folge war die Disqualifikation der beiden ursprünglichen Siegerinnen, so dass Gold nun an die Italienerin Erica Lechner und Silber und Bronze an die beiden bundesdeutschen Rodlerinnen Christa Schmuck und Angelika Dünhaupt gingen.

Nach der medaillenlosen Olympiade 1964 gab es im Eisschnelllaufen wieder einen deutschen Sieg zu feiern: Der junge Bayer Erhard Keller gewann die Herren-Konkurrenz über 500m.

Im Eishockey-Finale standen sich wie bereits 1964 die Sowjetunion und die CSSR in einem weiteren Prestigeduell gegenüber und wieder gewannen die russischen Eissputniks. Bronze ging an Rekord-Weltmeister Kanada.

An den Spielen in Grenoble nahmen 1158 Sportler (darunter 211 Damen), verteilt auf 37 Mannschaften, teil. Medaillen wurden in 35 Wettbewerben vergeben. Als Demonstrationssportart wurde Eistanzen vorgestellt.

Die Spiele in Grenoble wurden am 06.02.1968 im Parc Paul Mistral vom Präsidenten Charles de Gaulle eröffnet und fanden ihren Abschluss am 18.02.1968 ebenfalls im Parc Paul Mistral mit einer Rede des inzwischen 80jährigen IOC-Präsidenten Avery Brundage.

Der Olympische Eid wurde vom alpinen Skisportler Léo Lacroix gesprochen. Letzter Fackelträger der olympischen Flamme war der Eiskunstläufer Dr. Alain Calmat.

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